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28.07.2021

Corpus schwebt sicher auf den Laster

Wegkreuz am Rande Niederkleins unter Polizeischutz abgebaut

Jetzt ging alles doch ganz schnell. Das mehr als 100 Jahre alte Wegkreuz ist abgebaut und auf dem Weg zur Restaurierung. Störungen der Abbauaktion gab es keine, sie stand auch unter Polizeischutz. Beamte der Bereitschaftspolizei hatten das Gelände rund um den Ort des Geschehens am Rand von Niederklein gestern ab dem Morgen abgesperrt.

Eine kleine „Eilversammlung“ von Ausbaugegnern der A 49 fand direkt am Absperrband in der Nähe statt. Sechs Aktivisten harrten dort aus, während Steinmetze und Bildhauer fachkundig Hand anlegten und zunächst vorsichtig das historische Kreuz vom Sockel entfernten und sicherten. Am Montag war ein angekündigter Abbautermin gescheitert. A-49-Gegner hatten sich am Wegkreuz versammelt, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Ihnen ging es dabei um den Bau von Rückhaltebecken und Autobahn mitten in der Trinkwasserschutzzone.

Marcus Schüler, Steinmetz und Steinmetz-Bildhauer, warf gestern einen ersten genaueren Blick auf das Kreuz. Es seien leichte Korrosionsschäden erkennbar rund um einen rostigen Nagel, die ließen sich aber entfernen.

Das „vergessene“
Wegkreuz

Beim Sockel ist eine intensive Reinigung notwendig. Die Experten haben es dabei mit zwei verschiedenen Steinarten zu tun: mit Sandstein und einer Art Betonstein. Es sei denkbar, dass das Kreuz, der eigentliche Corpus also, zwischenzeitlich schon einmal erneuert worden sein könnte, hieß es von den Experten.

Um jenes Wegkreuz hatte es zunächst einige Aufregung und Sorge gegeben, es ist zwar in den Planfeststellungsunterlagen für diesen Abschnitt auf einer Karte vermerkt. Allerdings wurde darin nicht geregelt, wie mit dem Wegkreuz umzugehen ist. Das musste erst geklärt werden, als die Bauarbeiten bereits begonnen hatten.

Zwischenzeitlich sind die Flächen rund um den „Jesus Point“ gerodet, planiert und vorbereitet für den Bau des Regenüberlaufbeckens. Autobahngegner hatten den Bereich rund um das Wegkreuz während der Baumfällarbeiten so getauft.

Klar ist auch der Platz, wo das Wegkreuz nach der Restaurierung wieder aufgestellt wird: etwa 300 Meter vom alten Standort entfernt an der Kreuzung von zwei Radwegen und somit näher am Ort Niederklein. Die Projektmanagementgesellschaft Deges finanziert die Restaurierung des Wegkreuzes und die Umsetzung. Wie hoch die Kosten ausfallen, wird erst nach dem Abschluss der Arbeiten feststehen. Deges ist für den Komplex Bauvorbereitung verantwortlich.

Aus Sicht der Polizei lief der Einsatz am Wegkreuz stressfrei und problemlos ab. Es habe keinerlei Zwischenfälle gegeben, die Aktivisten hätten sich an den vereinbarten Versammlungsort außerhalb der Absperrung gehalten, berichtete Polizeisprecher Tobias Kremp vom Polizeipräsidium Mittelhessen der OP. Etwa 20 Beamte der Bereitschaftspolizei waren vorsorglich vor Ort, der Plan für den Einsatz war kurzfristig am Montagabend entstanden, um den Abbau des Kreuzes sicherzustellen.

Es sei bedauerlich, dass die Polizei auch bei solchen Arbeiten vorsorglich hinzugezogen werden musste, erklärte Bürgermeister Christian Somogyi dazu. „Auch das kostet Steuergelder“, so Somogyi. Er sei froh, dass die Vereinbarung zwischen Deges, der Kirchengemeinde und der Stadt nun umgesetzt werden könne. Ihm sei dabei bewusst, wie groß die Verbundenheit der Niederkleiner mit den historischen Wegkreuzen sei.

Für die Aktivisten ist das Thema Bauen in der Trinkwasserschutzzone aber noch nicht erledigt. Sie kündigten gegenüber der OP weitere Aktionen an, etwa eine Mahnwache, um zu einem Gespräch mit dem Regierungspräsidium und dem hessischen Verkehrsministerium über das Thema zu kommen.

Autor/in: Michael Rinde